Elektrifizierung in der Industrie – was bedeutet das?

Inhaltsverzeichnis

Die Elektrifizierung in der Industrie bezeichnet den gezielten Umstieg von fossilen Energieträgern, wie Erdgas, Öl oder Kohle, auf Strom aus erneuerbaren Quellen, um industrielle Prozesse wie Prozesswärme, Antriebe oder Dampferzeugung klimafreundlich zu gestalten. Ziel ist es, die CO₂-Emissionen deutlich zu reduzieren, die Energieeffizienz zu verbessern und gleichzeitig wirtschaftlich von Entwicklungen wie negativen Strompreisen oder flexiblen Netzentgelten zu profitieren.

Industrielle Elektrifizierung ist ein zentrales Element der Energiewende. Sie ermöglicht es Unternehmen, regulatorischen Anforderungen zur Dekarbonisierung gerecht zu werden und sich zukunftssicher aufzustellen, insbesondere in energieintensiven Branchen wie Stahl, Chemie, Papier, Lebensmittel oder Maschinenbau.

Was ist ein Beispiel für Elektrifizierung?

Ein anschauliches Beispiel für Elektrifizierung in der Industrie ist der Ersatz eines gasbetriebenen Dampfkessels durch einen elektrischen Dampferzeuger in einem Lebensmittelbetrieb. In der Produktion von Konserven oder Milchprodukten wird Dampf zum Erhitzen, Pasteurisieren oder Reinigen benötigt. Während herkömmliche Anlagen dafür Erdgas verbrennen, nutzt der elektrische Dampferzeuger Strom – idealerweise aus erneuerbaren Quellen – zur Wärmeerzeugung. Das reduziert nicht nur CO₂-Emissionen, sondern ermöglicht auch eine präzisere Steuerung und einen effizienteren Energieeinsatz.

Weitere Beispiele für industrielle Elektrifizierung:

  • Induktionsheizungen statt gasbetriebener Öfen, z. B. in der Metallverarbeitung
  • Elektromotoren statt hydraulischer oder pneumatischer Antriebe
  • Power-to-Heat-Anlagen, die überschüssigen Ökostrom in Prozesswärme umwandeln

Warum ist die Elektrifizierung der Industrie so wichtig?

Laut dem aktuellen Emissions Gap Report 2024 des UN Environment Programme zählt die Industrie zu den größten Energieverbrauchern und zu den größten CO₂-Verursachern weltweit. Viele Prozesse, insbesondere die Erzeugung von Prozesswärme, basieren noch immer auf fossilen Brennstoffen. Die Elektrifizierung industrieller Prozesse bietet daher eine der effektivsten Maßnahmen, um die Emissionen im Produktionssektor zu senken.  

Durch den Einsatz elektrischer Technologien können Unternehmen:

  • ihren CO₂-Fußabdruck reduzieren
  • regulatorische Risiken minimieren
  • unabhängiger von volatilen Gaspreisen werden
  • die betriebliche Resilienz steigern

Welche Vorteile hat die Elektrifizierung für die Umwelt und Unternehmen?

Die Elektrifizierung verursacht im Betrieb keine direkten Emissionen – vorausgesetzt, der Strom stammt aus erneuerbaren Quellen. Sie senkt lokale Schadstoffe (z. B. Feinstaub oder Stickstoffoxide), reduziert Lärmemissionen und steigert die Energieeffizienz für Unternehmen, da elektrische Systeme häufig präziser und verlustärmer arbeiten als fossile Alternativen.

In Kombination mit intelligentem Energiemanagement können Unternehmen zudem Strom flexibel verbrauchen, Energiekosten sparen und zur Netzstabilität beitragen – insbesondere im Zusammenspiel mit flexiblen Netzentgelten, die zeitvariable Anreize für netzdienliches Verhalten schaffen.

Welche Herausforderungen bestehen bei der industriellen Elektrifizierung?

Trotz aller Vorteile bringt die Elektrifizierung in der Industrie auch einige Herausforderungen mit sich:

  • Stromnetze müssen ausgebaut werden, insbesondere für Hochtemperaturanwendungen.
  • Die Investitionskosten für Umrüstungen und neue Infrastrukturen sind teilweise hoch.
  • Genehmigungsverfahren und Förderbedingungen sind oft komplex und uneinheitlich.
  • Der Fachkräftemangel erschwert Planung und Umsetzung elektrischer Prozesslösungen.

Ein zentrales Thema ist zudem die Versorgungssicherheit: Industrielle Anlagen benötigen eine zuverlässige und stabile Stromversorgung, insbesondere bei kritischen Prozessen mit hohem Anforderungen an Laststeuerung oder Temperaturregelung.

Dennoch überwiegen mittel- bis langfristig die Chancen – besondere für Unternehmen, die frühzeitig investieren und ihre Produktionsprozesse strategisch auf Strom umstellen.

Fazit: Elektrifizierung in der Industrie als Zukunftsinvestition

Die Elektrifizierung in der Industrie ist ein entscheidender Hebel zur Dekarbonisierung energieintensiver Prozesse. Sie ermöglicht es Unternehmen, nicht nur Klimaziele zu erreichen, sondern auch wirtschaftlich und technologisch von der Transformation zu profitieren. Wer heute die richtigen Weichen stellt, reduziert Risiken, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit – und gestaltet aktiv die Energiezukunft mit.

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